Urlaubstörn Edinburgh - Sunderland 10.06. - 20.06.2007



Geplant hatten wir einen Männertörn von Edinburgh nach Sunderland. Bei vorherrschenden Windrichtungen aus West war auch ein Abstecher nach Norden vorgesehen.

Doch es sollte ganz anders kommen...........

Sonntag (10.06.2007)

Mit ca. 10 kg Übergepäck reisen Jens, Guido und ich am Sonntag mit dem Flieger von Köln aus nach Edinburgh. Die Chou Chou liegt dort nach der erfolgreich beendeten Regatta von Helgoland nach Edinburgh in Granton harbour. Auf dem Weg vom Flughafen werden wir vom Taxifahrer das erste Mal bedauert, dass wir an der Ostküste segeln wollen. Für dieses Unterfangen zeigen auch in späteren Gesprächen viele kein Verständnis. Bald wissen wir warum.

Am Tor werden wir bereits von Mr. Spencely, dem Sekretär des Royal Forth Yacht Club, empfangen.

Die Chou Chou hat auf der Regatta doch etwas gelitten. Die Polster und Bezüge sind immer noch feucht durch das Salzwasser. Wir legen das Schiff trocken, räumen unsere Sachen ein, kaufen für die nächsten Tage ein und beenden den Tag bei schöner Abendsonne in Leith beim Bier.


Montag (11.06.2007)
Da wir für unseren Urlaubstörn nach Sunderland 10 Tage Zeit haben, beschließen wir, zunächst Edinburgh zu besichtigen.
Es geht zunächst mit dem Bus in das Stadtzentrum und dann weiter zu Fuß zum Castle. Hier werden wir mit 21 Salutschüssen, viel Tradition, Uniformen und Musik empfangen. Wie wir später erfahren, hat der Duke of Scottland Geburtstag. Das Castle ist sehr sehenswert. Es gibt einen deutschsprachigen Audioführer, so dass wir viele Informationen erhalten.

Weiter geht es zur Camera obscura mit einer Ausstellung zu Lichteffekten, optischen Täuschungen, Hologrammen und der Camera obscura. Jens, unser Physiker, ist aus dem Häuschen.
Und weiter geht es durch Edinburgh. Das schottische Parlament ist ein sehr moderner offener Bau, beeindruckend. Der Architekt hat dafür einen internationalen Preis bekommen. Wir können den Sitzungssaal besichtigen. 1998 wurde mit dem „Scotland Act“ das erste Parlament in Schottland seit 1707 gegründet.

Am späten Nachmittag brechen wir in Richtung Westen nach Port Edgar auf, da die Batterien stark entladen sind und es in Granton harbour keinen Stromanschluß gibt. Es folgt ein kurzweiliger Schlag bei 3 Bft in eine recht moderne Marina mit Wasser- und Stromanschluß. Vor dem Hafen segeln viele Kinder und Jugendliche der örtlichen Segelschule. Der Marineshop zeigt sich gut ausgestattet und wohl sortiert. Wir kaufen die letzten 3 Flaschen Brennspiritus für unseren Kocher.

Dienstag (12.06.2007)
Die Temperatur fällt, vorhergesagt ist NE 3-4 Bft, so dass wir in Anbetracht der eingeschränkten Einkaufsmöglichkeiten unsere Vorräte auffüllen. Um 13.30 Uhr geht es im Ölzeug raus Richtung Osten. Es folgt eine Kreuz. In Höhe von Edinburgh beschließen wir, den Tag ruhig ausklingen zu lassen, da eine Kreuz bis zu nächsten Marina, die wir mit unserem Tiefgang von 1,75 m anlaufen können, mit vernünftigem Zeitaufwand nicht zu schaffen ist. Daher umrunden wir die Insel Inchkieth. Das Wellensymbol in der Karte trifft zu. Es wird doch recht kabbelig. Unseren Wunsch nach Abkürzung unterdrücken wir nach Studium der Karte. Ein Flach erstreckt sich in Richtung SE nochmals über eine Länge, die in etwa der Inselgröße entspricht. Am Ende steckt ein Schiffswrack. Also doch brav die Tonnen runden!
John Spencely empfängt uns im Hafen und berichtet, dass das Wetter schlechter werden soll. Es soll auf NE 4 - 6 auffrischen. Er will uns am nächsten Tag mit einem Internetwetterbericht versorgen und empfiehlt Edinburgh zu genießen. So wird der Yachtclub zu einer festen Anlaufstelle. Das abendliche Bier schmeckt.

Mittwoch (13.06.2007)
Hafentag Nr. 1
Mr. Spencley bringt den Wetterbericht. Die Vorhersagen zeigen, dass wir wohl vor Freitag nicht auslaufen sollten. Wir werden zum Abendessen eingeladen. Den Tag verbringen wir auf der ehemaligen königlichen Jacht „Britannia“. 200 Seeleute (vom Kapitän bis zum Musiker) sorgten für das Wohl der Königsfamilie.

Am Abend holt uns Mr. Spencely ab. Wir werden herzlich von seiner Frau Lynn empfangen. Sie bewundert unseren „Langen“, Guido mit seinen 2,02 m. Wir besichtigen den zum Grundstück zugehörigen private garden und genießen die tolle Aussicht auf den Firth of Forth. Der Abend ist kurzweilig. John und Lynn sind ausgesprochen nett und herzlich. John hat früher als Architekt und Lynn bei den Vereinten Nationen in Wien und Genf gearbeitet. Sie freut sich mal wieder Deutsch zu sprechen. Wir haben in Edinburgh das Richtige besichtigt und punkten mit unseren Eindrücken.

Donnerstag (14.06.2007)
Hafentag Nr. 2
Die Wettervorhersagen bleiben laut BBC bei NE 5-6, Wetteronline sagt dagegen 3 Bft voraus. Diese Fehleinschätzung erhalten wir auch in den nächsten Tagen immer wieder. Wir trinken einen zweiten Kaffee im Clubhaus und schauen auf den Forth. Anschließend wechselt Jens den erst zu Saisonbeginn eingebauten Stecker für die Navigationsinstrumente. Innerhalb weniger Monate sind die Anschlüsse durch das Salzwasser korrodiert, eine Madenschraube ist schlicht weggerostet. Wie kann man so einen Schrott im Schiffsbedarf verkaufen? Bei zunehmender Kälte rüsten Jens und ich auf und ergänzen unsere Sache durch einen weiteren Fleece.
Da wir wohl noch einige Tage in Edinburgh bleiben müssen, buchen wir im Infozentrum für den nächsten Tag eine Minibustour durch die Highlands. Als wir bei der Buchung unseren Aufenthaltsort Granton habour angeben, werden wir verwundert angesprochen, ob wir tatsächlich an der Ostküste segeln.
Vor dem Abendessen an Bord genehmigen wir uns noch ein Pint Bier im Clubhaus und stellen fest, dass sich die See nicht beruhigt.
Gott sei dank liegen wir am Steg in Lee. So werden unsere Fender und die Nerven geschont. Die Chou Chou tanzt nervös im Schwell hin und her. Stundenlanges achterbahnfahren. Mit insgesamt 6 Festmacherleinen beruhigt sich das ganze etwas.


Freitag (15.06.2007)
Hafentag Nr. 3
Die Bustour „Highland Lochs, Glens and Whisky“ ist ein voller Erfolg. Wir besichtigen unter anderem die älteste Kapelle Schottlands, Wasserfälle, Seen, Queens View (der schönste Blick auf die Highlands lt. Queen Victoria) und die Distillerie „Blair Athol“. Nun können wir in Zukunft als Spezialisten für schottischen Whisky auftreten. Unsere Fahrerin, gleichzeitig Fremdenführerin, hat ein sehr großes Wissen. Schade nur, dass sie fast ununterbrochen und schnell die 10 Stunden englisch spricht. Ein bisschen weniger und langsamer wäre mehr gewesen. Trotzdem ein toller und erlebnisreicher Tag.
In der Marina zeigen die Instrumente immer noch Wind bis 30 kn an. Die Wellen peitschen über die Molenmauer. Am Eingang des Firth of Forth werden Wellenhöhen bis ca. 4 m gemeldet. Beharrlich meldet Wetteronline Wind um 3 Bft. Also vergesst diesen Wetterdienst !

Sonnabend (16.06.2007)
Hafentag Nr. 4
Am Morgen unverändert Windvorhersagen NE 5 -7. Wir messen beim traditionellen morgendlichen zweiten Kaffee im Clubhaus wieder 30 kn Wind im Hafen. Die vom Club geplante Regatta (wir hatten mit einer Teilnahme geliebäugelt) wird wegen der Wette-rverhältnisse abgesagt. Ab dem Abend soll es abflauen.
So planen wir die Abreise für Sonntagmorgen. Zuvor besorgen wir uns einen aktuellen Wetterbericht im Internetcafe. Windguru, Windfinder und die Sembach-Karten bestätigen die Vorhersagen von BBC. Wetteronline liegt wieder mal voll daneben.
Da der Spirituskocher relativ viel verbraucht, versuchen wir Spiritus zu kaufen. Es folgt eine Niederlage auf ganzer Linie. Weder in Drogerie, Apotheke, Supermärkten haben wir Erfolg. Also wird unsere letzte Flasche angebrochen.
Wir trinken unser hoffentlich letztes Pint in der Clubbar des Royal Yacht Clubs.

Sonntag (17.06.2007)
Endlich geht es los. Wir haben viel in Edinburgh erlebt. Die Zeit wird langsam knapp. Immerhin geht unser Flieger am Mittwoch und wir wollen bzw. müssen noch bis Sunderland. Wir planen heute bis Eyemouth zu kommen.
Bei wenig Wind geht es zunächst unser Motor bis Bass Rock. Dann Schwenk nach SSE. Es steht ein ekelhafte Restwelle um 1 - 1,5 m aus Nordost bei Wind aus SE um maximal 5 kn. Also weiter unter Motor, die Segel bleiben unten. Wenigstens ein Trost: der Motor läuft zuverlässig und sparsam. Die Welle macht nach den Laserjustierarbeiten im Winterlager kaum Vibrationen.
Nach 44 sm folgt die trickige Einfahrt nach Eyemouth. Die Fahrrinne ist ca. 15 m breit, beidseits stehen die Felsen, die aber gut auszumachen sind. Wir verstehen jetzt bei Schwachwind und Restwelle, dass dieser Hafen bei Starkwind aus nordöstlichen Richtungen nicht anzulaufen ist. Ein Segler, der 5 Tage hier festlag, erzählt später, dass sogar die Fischer in den letzten Tagen nicht ausgelaufen sind. Das will schon was heißen.

Der Bürgermeister scheint ein cleverer Typ zu sein. Mit EU-Fördermitteln entstand aus einem Fischer- und Piratennest ein ansehnlicher Ort. Auf vielen Schautafeln werden um den Hafen herum die Fischereiflotte, Flora und Faun erläutert. Im hinteren Hafenbereich gibt es jetzt einen neuen Schwimmsteg mit Wasser- und Stromanschluß. Selbst im Reeds ist dieser noch nicht beschrieben. Zu beachten ist nur die Wassertiefe. Wir hatten bei Niedrigwasser ca. 1,80 m Wassertiefe, somit 5 cm Wasser unter dem Kiel. Die Duschen sind geräumig und sauber.

Montag (18.06.2007)
Früh geht es zunächst an die Tankstelle für Fischer. Der Tankwart mustert kritisch unsere 5 l-Kanister an Bord bei Niedrigwasser 5 m unter ihm. Wir seilen sie auf den Steg. Er lässt sich dann aber von Guidos Größe (6 Fuss)beeindrucken und füllt die 5 Kanister rasant, so dass der Diesel natürlich überläuft. Wir erhalten unverzollten roten Diesel zu 50 Pence den Liter. Das einzige Mal, dass auf unserer Reise etwas billiger als in Deutschland ist.
Und weiter Richtung Amble (44 sm laut Karte). Die Wetterverhältnisse sind unverändert. Restwelle aus NE, Wind mit 2 - 5 kn aus SE. Also können wir den Motor weiter dauertesten. Vorbei an langen Sandstränden gelangen wir in englische Gewässer und wechseln die Gastlandflagge. Durch unsere intensiven Studien in Schottland sind wir mit der anspruchsvollen Flaggenführung im United Kingdom vertraut. Nach 9-stündiger Motorfahrt laufen wir in Amble ein.

Amble ist nur 3 Stunden vor bzw. nach Hochwasser anzulaufen, da sonst die Wassertiefe minimal in der Einfahrt 60 cm beträgt. Wir landen nahezu punktgenau bei Hochwasser. Die Betreiber der Marina haben das Büro schon geschlossen. Dann erwartet uns allerdings eine Überraschung. Am Anmeldesteiger entnehmen wir einem Briefkasten ein Willkommenspaket. Enthalten sind ein Beschreibung der Marina sowie ein Farbausdruck mit markierten reservierten, belegten und freien Plätzen abhängig von der Schiffslänge. Die erste Box ist natürlich wieder einmal zu eng für unsere 3,50 m. die zweite Box passt. Beim Ausfüllen der Anmeldekarte sehen wir den Preis für die super organisierte Marina. 19,80 Pfund pro Nacht + optional 3 Pfund für den Stromanschluß. Das sollte der Spitzenreiter bei den Preisen werden (teurer als Brighton und Dover 2005). Amble selber bietet nicht viel zu sehen.

Dienstag ( 19.06.2007)
Auf nach Sunderland. Zu Beginn die gewohnte Motorbootfahrt. Dann endlich, wir können es kaum glauben, um 10 Uhr heißt es bei 6 - 10 kn Wind aus ESE Segel setzen. Wir können doch wirklich noch zum Abschluß unserer Reise 5 Stunden segeln. Ein schönes und versöhnliches Ende. Am Nachmittag laufen wir in Sunderland ein. Im voll videoüberwachten Hafen erhalten wir einen Liegeplatz bis zum 30.06. Dann kommt die nächste Crew. Der Preis verschlägt uns noch mal den Atem. 179,- Pfund für 11 Tage, (Rabatt schon eingerechnet).

Mittwoch (20.06.2007)
Nach Aufräumen und Packen fahren wir mit dem Taxi zur U-Bahnstation Sunderland. Von dort aus geht es direkt mit der U-Bahn zum Airport Newcastle.
Aus dem Flieger (50-sitzige Maschine) sehen wir Newcastle, den Hafen Sunderland und später wieder unser Heimatrevier, das Ijsselmeer.

Fazit unserer Reise:
Schottland ist immer eine Reise wert. Wir haben durchgehend ausgesprochen nette und liebenswerte Menschen getroffen und wurden immer mit viel Hilfsbereitschaft empfangen. Bedingt durch die Wetterverhältnisse wurde aus unserem geplanten Segelurlaubstörn eine Erkundungsreise durch Schottland mit einigen Segelimpressionen.
Kennen gelernt haben wir die Ostküste als anspruchsvolles gezeiten- und wetterabhängiges Revier. Aber auch durch das Wetter bestimmt, konnten wir mehr über Land und Leute, als sonst bei unseren Törns üblich, erfahren.

Ist die Westküste, wie wir schon bei der Ankunft erfahren hatten, dann doch wirklich das interessantere Revier?

Enrico

2007 06 10 UK 535
2007 06 10 UK 540
2007 06 11 UK 396
2007 06 11 UK 410
2007 06 11 UK 417
2007 06 11 UK 467
2007 06 11 UK 527
2007 06 12 UK 378
2007 06 14 UK 264
2007 06 14 UK 291
2007 06 14 UK 304
2007 06 15 UK 201
2007 06 17 UK 080
2007 06 17 UK 114
2007 06 18 UK 059
2007 06 19 UK 013
2007 06 20 UK 005